Von alten Schriften über Interviewtraining bis Turmbesteigung
Donnerstag, 9. November 2023Acht Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren kamen dieses Jahr in den Genuss eines vielseitigen Zukunftstags im Stiftsbezirk St.Gallen. Dabei lernten sie die unterschiedlichsten Facetten der katholischen Kirche und des katholischen Konfessionsteils St.Gallen kennen. In der Stiftsbibliothek durften sie Schreiben wie in der Frühantike, in einem Interviewtraining lernten sie gute Fragen zu stellen, und schliesslich ging es ins Kellergeschoss sowie in den Turm der Kathedrale.
Schreibworkshop mit Eva Dietrich am Zukunftstag. Bild: Roger Fuchs
An wohl kaum einem anderen Ort treffen so viele Berufsfelder aufeinander wie im Stiftsbezirk St.Gallen. Von Bibliothekarinnen über Wissenschaftler, Verwaltungsangestellte, Musikerinnen und Musiker bis hin zu Sakristanen oder Kommunikationsfachleuten kommt hier alles zusammen. Entsprechend abwechslungsreich präsentierte sich das diesjährige Programm des Zukunftstags, das sechs Jungs und zwei Mädchen miterlebten.
Start in den Tag bildete nach einer Einführung und dem Kennenlernen des Ordnungssystems der Stiftsbibliothek, geleitet durch Bibliothekarin Sabine Bachofner, ein Schreibworkshop mit Vermittlerin Eva Dietrich. Dabei lernten die Kinder eine der ältesten Schriften zu schreiben, die sogenannte Unzialschrift. Hierbei handelt es sich um eine Zierschrift aus der Frühantike mit ausschliesslich Grossbuchstaben, die damals mit der Rohrfeder auf Pergament geschrieben wurde. «Auch die ältesten Bibeln sind in dieser Schrift geschrieben», lässt Eva Dietrich die Kinder wissen. Zwei mit einem Gummiband zusammengehaltene Bleistifte ermöglichen, das Grundprinzip der Schrift zu begreifen, bevor die Kinder selbst zu Feder und Tinte greifen. Im Raum herrschte absolute Ruhe, dermassen konzentriert waren alle bei der Sache.
Eine gute Möglichkeit, um sich in der bunt gemischten Gruppe besser kennenzulernen, bildete sodann das Interviewtraining beim Kommunikationsverantwortlichen des Katholischen Konfessionsteils, Roger Fuchs. Schnell merkten die Kinder, dass es wenig Sinn macht, nur Ja- und Nein-Fragen zu stellen, wenn man etwas über die andere Person erfahren will. Ausgerüstet mit Mikrofonen wurden erste Aufnahmen gemacht. Ein spezielles Erlebnis für alle war es, auch einmal die eigene Stimme zu hören.
Tunnelsystem erkunden
Die Zeit vor dem Mittagessen gestaltete Sakristan Roman Huber. Dabei führte er die Kinder nicht nur in die Gallus- und Otmarskrypta, sondern öffnete in einem Seitengang der Kathedrale zum Erstaunen der Kinder eine Lucke im Boden, die den Weg frei machte hinunter ins Kellergeschoss des Gotteshauses. Schmale Gänge führen dort beispielsweise bis zur Hauptverteilung der Audioanlage und lassen das komplexe System einer Orgel von unten betrachten. Auch die ellenlangen Rohrleitungen machten den jungen Menschen Eindruck.
Und als wäre dies nicht schon genug Action, geht es von ganz unten schliesslich bis ganz nach oben in den Nordturm der Kathedrale, wo unter anderem die Dreifaltigkeitsglocke mit dem tiefsten Glockenton der Schweiz hängt. Die jungen Menschen zieht es dabei auch nach draussen auf den Balkon, von wo sie einmal von weit oben den Blick über die Stadt St.Gallen schweifen lassen können – es wirkt schon fast symbolisch: wie ein Blick in die Zukunft am Zukunftstag.
Text und Bilder: Roger Fuchs