Seilziehen um Gewinnverwendung - Das Kollegium hat getagt

Dienstag, 21. Juni 2022

Während das neue Kulturgüterdekret und die Anpassungen beim Finanzausgleich im heutigen Kollegium des Katholischen Konfessionsteils unbestritten waren, herrschte bei der Verwendung des Jahresgewinns 2021 Uneinigkeit. Am Schluss obsiegte der Antrag des Administrationsrats. Der neue GPK-Präsident heisst Jürg Gemeinder und kommt aus St.Gallen.

Jürg Gemeinder aus St.Gallen ist der neue Präsident der Geschäftsprüfungskommission. Bild: Regina Kühne

Jürg Gemeinder aus St.Gallen ist der neue Präsident der Geschäftsprüfungskommission. Bild: Regina Kühne

Innerhalb von zwei Stunden hat das Kollegium (Parlament) der Katholischen Kantonalkirche St.Gallen die heutige Traktandenliste abgearbeitet. Für Diskussionsstoff sorgte insbesondere die Verwendung des Ertragsüberschusses 2021 von knapp 1,5 Millionen Franken. Der Administrationsrat schlug vor, das Geld aufzuteilen: 822’000 Franken sollten für zusätzliche Abschreibungen beim Projekt «Umbau und Renovation Stiftsgebäude» genutzt und 646’000 Franken den allgemeinen Reserven zugewiesen werden. Das gute Jahresergebnis begründete Administrationsratspräsident Raphael Kühne mit höheren Steuer- und Schuldgelderträgen sowie tieferen Sach- und Personalaufwänden.

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) mit Kommissionssprecher William Canal, Altstätten, hielt dagegen. Die GPK wollte, dass auf eine ausserordentliche Abschreibung verzichtet wird. Canal begründete dies unter anderem mit der Vergleichbarkeit früherer Rechnungen: «Es muss unser Ziel sein, die Einnahmen im Verhältnis zu den Ausgaben ausgewogen zu halten und zu erkennen, wenn dieses Gleichgewicht in Schieflage gerät und gespart werden muss.» Unterstützung bekam er von dem kurz zuvor neu in die GPK gewählten Mitglied Patrik Schönenberger, Gossau. Es sei fairer, wenn man Abschreibungen so belasse, wie sie ursprünglich geplant worden seien.

Sympathie für die Argumentation des Administrationsrats bekundete im Gegenzug Kollegienrat Walter Gschwend, St.Gallen. Er wies auf weitere Projekte hin und fasste zusammen: «Wenn immer alle Projekte mit Abschreibungen belegt werden, stimmt das für mich buchhalterisch nicht.» Auch störte er sich an der Laufzeit der genannten Abschreibung, wenn diese jetzt nicht erledigt werde. Die Uneinigkeit widerspiegelte sich sodann im Abstimmungsergebnis: Mit 88 zu 67 Stimmen und fünf Enthaltungen votierten die Kollegiumsmitglieder für den Antrag des Administrationsrats und somit eine Aufteilung des Ertragsüberschusses.

Anstellung und Finanzierung der Spitalseelsorger

Die noch vor der Gewinnverteilung diskutierte Jahresrechnung 2021 war unbestritten und wurde einstimmig genehmigt. Eine Frage von Werner Sutter, Rapperswil-Jona, rief jedoch nach einer Klärung bezüglich der Anstellung der Spitalseelsorger. Administrationsrat Hans Brändle informierte, dass mit den Spitalregionen eine Vereinbarung besteht und die Kosten für die Spitalseelsorger in der Regel zu zwei Dritteln von den beiden Landeskirchen und einem Drittel von der jeweiligen Spitalregion getragen werden. Die Spitalseelsorgenden sind in der Regel beim Katholischen Konfessionsteil angestellt. Eine Ausnahme bildet das Kantonsspital St.Gallen. Die dortigen Spitalseelsorger werden vom Spital angestellt und von ihm auch finanziert. Das ist auch nach der Auflösung der Spitäler Flawil und Rorschach sowie der Übernahme der dortigen Seelsorger durch das Kantonsspital der Fall.

Zu den Personalien an der diesjährigen Sommersession gehörten Wechsel in der Geschäftsprüfungskommission. Karl Schönenberger musste als GPK-Präsident zurücktreten, da er die maximale Frist von acht Jahren in diesem Gremium erreicht hat. Neu in die GPK gewählt wurde der bereits erwähnte Patrik Schönenberger, Gossau. Der 55-jährige Wirtschaftsinformatiker Jürg Gemeinder, St.Gallen, der seit drei Jahren der GPK angehört, ist zu deren neuem Präsidenten gewählt worden. Armin Bossart, Präsident der Region St.Gallen, lobte Gemeinder zuvor als eine Person mit offenem Ohr und einen, der die Geschäfte verstehen wolle und im Fall des Falles den Finger auch einmal auf die Wunde legen könne.

Finanzausgleich und Kulturgüterdekret passieren zügig

Mit einer Anpassung der technischen Steuerfüsse kann erreicht werden, dass die Ausgleichsbeiträge für die Kirchgemeinden nicht aus dem Ruder laufen und sich im 2023 bei 15,5 Millionen Franken einpendeln. Die komplexe Vorlage hatte keine Wortmeldungen aus den Reihen des Kollegiums zur Folge und wurde mit 157 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen durchgewunken. Statt bei 21,5 Prozent liegt der obere technische Steuerfuss im nächsten Jahr bei 25,1 Prozent, der untere statt bei 19,4 bei 21,1 Prozent. 43 Kirchgemeinden bekommen dadurch weniger Geld als 2022, 29 Kirchgemeinden erhalten mehr.

Ebenfalls schnell abgehandelt werden konnte das neue Kulturgüterdekret, zu dem es für die Kollegiumsmitglieder im Vorfeld der Session Informationsveranstaltungen gab. 159-Ja-Stimmen zu einer Nein-Stimme war das Schlussresultat. Dank des Kulturgüterdekrets können die Katholische Kantonalkirche St.Gallen und das Bistum künftig ihre beweglichen Kulturgüter besser schützen. Die Präzisierung eines Artikels, wie es die vorberatende Kommission unter Präsident Karl Duijts-Kronig, Sargans, forderte, war auch im Sinne des Administrationsrats. Wie wichtig das Dekret ist, brachte Administrationsratspräsident Raphael Kühne auf den Punkt: «Unsere Kulturgüter repräsentieren den zentralen Wesenskern unserer Identität.» Der Krieg in der Ukraine würde auf verwerfliche Art vor Augen führen, was es bedeute, wenn Kulturgut und kulturelles Erbe einfach zerstört wird.

Text: Roger Fuchs
Fotos: Regina Kühne

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