Verlust der Kulturgüter verhindern – Kulturgüterdekret in der Pipeline

Montag, 25. April 2022

Die Katholische Kantonalkirche St.Gallen und das Bistum wollen ihre Kulturgüter wie Mobiliar, alte Handschriften oder Statuen besser schützen. Folglich soll per 1. Januar 2023 ein Kulturgüterdekret in Kraft treten. Damit will man den Verlust des kulturellen Erbes so weit wie möglich verhindern. Das katholische Kollegium berät die Vorlage im Juni.

Evangelium Longum

Der katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen und das Bistum mit seinen Institutionen wie Pfarreien und Klöster verfügen über bedeutende Kulturgüter. Solche Schätze sind auch ein wichtiger Grund dafür, dass der Stiftsbezirk St.Gallen seit 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Um das bedeutende kulturelle Erbe in Zukunft noch besser zu schützen, wollen Konfessionsteil und Bistum neben dem seit 2018 greifenden, kantonalen Kulturerbegesetz zusätzlich ein eigenes Kulturgüterdekret erlassen. Dieses soll passgenau auf die besonderen Verhältnisse des kirchlichen Kulturguts eingehen und die beweglichen Kulturgüter vor Verlust und Zerstörung bewahren. Die unbeweglichen Güter sind bereits durch das genannte kantonale Gesetz genügend geschützt.

Konkret geht es bei den beweglichen Kulturobjekten um zweierlei: Erstens um klösterliche Kulturgüter, die nicht rein kirchlichen Zwecken dienen, zweitens um sakrale Kulturgüter. Zur ersten Kategorie zählen beispielsweise die Replik des St.Galler Globus in der Stiftsbibliothek oder der sich in einem Kloster befindende Sekretär einer Äbtissin aus dem 16. Jahrhundert, zur zweiten die in einer Kirche stehende Madonnenstatue aus dem 12. Jahrhundert oder ein wertvoller Kelch. Auch immaterielles Kulturgut kann von sakraler Natur sein – zu nennen sind hierzu Prozessionen, religiöse Riten oder traditionelle Feiern. Letzteres kann beispielsweise die Feier «Aller Äbte Jahrzeit» sein, die besondere liturgische Handlungen beinhaltet und während der an sämtliche verstorbenen Äbte und Mönche des ehemaligen Klosters St.Gallen gedacht wird. All diese Kulturgüter sind in der Summe Bestandteil unserer Identität und unseres heutigen Selbstverständnisses.

Eintrag in Kulturgüterverzeichnis

Doch wann ist ein Kulturgut schützenswert? Als solches eingestuft wird es, wenn es für den Konfessionsteil, das Bistum und die Kirchgemeinden eine besondere Bedeutung hat hinsichtlich seiner archäologischen, gesellschaftlichen, handwerklichen, historischen, künstlerischen, politischen, technischen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Tragweite. Die Beurteilung hierzu geschieht im Einzelfall und unter Einbezug von Fachleuten.

Wird ein Kulturgut als schutzwürdig eingestuft, soll die Unterschutzstellung in Form einer Vereinbarung erfolgen. Diese wird abgeschlossen zwischen dem Administrationsrat des Katholischen Konfessionsteils und dem Eigentümer des Kulturguts. Sodann wird unter Schutz gestelltes Kulturgut in das «Konfessionelle Kulturgüterverzeichnis der beweglichen Kulturgüter» aufgenommen. Damit verbunden sind Pflichten für die Eigentümerschaft im Umgang mit dem Kulturgut, beispielsweise bezüglich Unterhalt oder befristeter Ausfuhren aus dem Kantonsgebiet.

Ein separater Abschnitt im Kulturgüterdekret befasst sich mit dem Weltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen. Damit wird sichergestellt, dass der Katholische Konfessionsteil sowie die Behörden des Kantons und der Stadt St.Gallen das UNESCO-Übereinkommen über das Weltkulturerbe auch weiterhin umsetzen.

Fachstelle stellt Vollzug sicher

Um all diese Absichtserklärungen und den Vollzug des Dekrets sicherzustellen, wird eine Fachstelle für das konfessionelle kulturelle Erbe eingesetzt. Die beauftragte Person soll auch die Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen des Bundes und des Kantons St.Gallen sowie mit internationalen Fachorganisationen koordinieren. Auch die Führung des genannten Kulturgüterverzeichnisses kann ihr übertragen werden.

Raphael Kühne, Präsident des Administrationsrats, fasst in einem Satz zusammen, was Konfessionsteil und Bistum ohne ihre Kulturgüter wären: «Es würde ein Teil unserer kulturellen Seele fehlen.» Das Kollegium (Parlament) des Katholischen Konfessionsteils berät die Vorlage an der Juni-Session.

Autor: Roger Fuchs

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