Nach verbalem Schlagabtausch: Das Katholikenparlament wird digital

Mittwoch, 21. Juni 2023

Statt Aktenberge fortan Laptops oder Tablets – so wird es sein, wenn die 180 Mitglieder des katholischen Kollegiums des Kantons St.Gallen künftig tagen. Die Unterlagen für das Parlament gibt es neu nur noch digital. Gegenanträge scheiterten. Eingereicht wurde an der gestrigen Session auch eine Interpellation betreffend Stiftsbibliothek.

Das Katholische Kollegium tagt traditionsgemäss im Kantonsratssaal von St.Gallen. Bild: Roger Fuchs

Tagesordnung, Einladung und Beratungsunterlagen werden dem Kollegium des Katholischen Konfessionsteils St.Gallen bereits ab der nächsten Session im November – der ersten in der neuen Legislaturperiode – nur noch elektronisch zugestellt. Ein entsprechender Nachtrag der Geschäftsordnung wurde mit 131 Ja, 21 Nein und 18 Enthaltungen angenommen.

Vorausgegangen ist der Schlussabstimmung ein Hin und Her zwischen den beiden Kollegiumsmitgliedern Damian Kalbermatter (Kirchberg-Gähwil) und Stefan Meier (Region Rorschach), der im Namen des Präsidiums argumentierte. Kalbermatter stellte den Antrag auf Nicht-Eintreten. Papierloses Arbeiten sei bereits heute problemlos möglich, sagte er. Und er unterstrich, dass es insbesondere bei einem Budget und einer Rechnung hilfreich sei, die Dokumente physisch vorliegen zu haben. Überdies sei Papier ein nachhaltiger Rohstoff. Meier hielt dagegen. Man dürfe nicht nur ökologisch reden, sondern müsse auch so handeln und mit gutem Beispiel vorangehen. Nicht-Eintreten würde letztlich bedeuten, dass das Kollegium überhaupt nicht diskutieren wolle. Deutlich wurde der Antrag auf Nicht-Eintreten sodann abgelehnt.

In der Detaildiskussion setzte sich Damian Kalbermatter mittels eines Antrags dafür ein, dass wenigstens eine hybride Lösung angestrebt wird und Kollegiumsmitglieder zu Beginn einer Amtsdauer der Verwaltung mitteilen könnten, wenn sie die Unterlagen auf Papier wollten. Erneut bezog Stefan Meier Gegenposition. Eine hybride Lösung würde der Verwaltung Mehrarbeit bescheren. Schliesslich blieb bei einem Stimmenverhältnis von 111 Nein, 50 Ja und 10 Enthaltungen auch der Antrag auf eine hybride Lösung chancenlos.

Zertifikat «Grüner Güggel» prüfen

Die Ökologie stand kurz darauf ein zweites Mal im Fokus, als das Katholische Kollegium Kenntnis zu nehmen hatte vom Bericht des Administrationsrats (Exekutive) zum Postulat «Ökologisch und ethisch vertretbare Ausrichtung des Katholischen Konfessionsteils». Kollegienrätin Pia Eisenring (Jona) würdigte als Präsidentin der vorberatenden Kommission die Arbeit. Zum Inhalt hielt sie fest, dass es die Mitglieder der Kommission sehr freue, wie breit verankert das ökologische Bewusstsein und das korrekte Verhalten heute schon seien. «Es ist ein guter Anfang», so Eisenring. Um am Thema dranzubleiben, adressierte sie an den Administrationsrat verschiedene Wünsche. So soll dieser beispielsweise für den Konfessionsteil die Zertifizierung mit dem Umweltmanagementsystem «Grüner Güggel» des Vereins «oeku Kirche und Umwelt» prüfen und aufzeigen, was das Vorgehen und die Kosten zur Erlangung des Zertifikates sind. Administrationsratspräsident Raphael Kühne sicherte zu, sämtliche Anregungen und Vorschläge zur Prüfung aufzunehmen und untermauerte dies mit der Aussage: «Es gilt immer, sich anzustrengen, um noch besser zu werden.» Kollegienrätin Brigitte Frei (Balgach) kündigte gestützt auf den Bericht eine Motion an. Damit sollen energetische Massnahmen in den Kirchgemeinden stärker subventioniert werden.

Amtsbericht und Jahresrechnung einstimmig genehmigt

Für wenig Diskussionsstoff sorgten Jahresbericht und Jahresrechnung 2022. Letztere schloss mit einem Gewinn von 1,3 Millionen Franken. Dieses Geld wird der allgemeinen Reserve zugewiesen. Patrik Schönenberger (Gossau) kritisierte namens der GPK insbesondere einen Punkt: Demnach ist eine Prüfung der Investitionsrechnung mit der aktuellen Budgetierungspraxis nicht möglich. «Wenn im Budget nur neue Investitionen gezeigt werden, in der Jahresrechnung aber weitere bereits aus früheren Verpflichtungskrediten stammende Ausgaben zusätzlich verbucht werden müssen, ist ein Ist-Soll-Vergleich nicht möglich.» Die GPK empfiehlt, künftig die Budgetierungspraxis den Vorgaben des Rechnungsmodells der St. Galler Gemeinden (RMSG) anzuwenden. Rechnung und Jahresbericht wurden einstimmig vom Kollegium genehmigt.

Interpellation betreffend Stiftsbibliothek

Verschiedentlich sickerte im Verlauf der Session auch Unmut durch. Kollegienrätin Astrid Mätzler (Bad Ragaz) reichte eine von 56 Kollegiumsmitgliedern unterzeichnete Interpellation ein. Sie wollen, dass sich Kanton, Stadt und Gemeinden der Region stärker am Verlust der Stiftsbibliothek von jährlich rund 800’000 Franken beteiligen. Dies, weil alle von dieser Institution profitieren würden. Der Administrationsrat soll klären, ob er Möglichkeiten sieht, jährlich höhere Beitragsleistungen, die nicht an Projekte gebunden sind, zu erhalten.

Agnes Haag (St.Gallen) monierte, bei der Zusammenstellung der Kommission für die Verfassungsrevision ihren Augen nicht getraut zu haben, weil nicht beide Geschlechter vertreten sind. Dazu Administrationsratspräsident Raphael Kühne: «Es handelt sich erst um eine Arbeitsgruppe auf Verwaltungsstufe. Die Kommission wird im Herbst gebildet.» Dann werde man bestimmt auf eine ausgewogene Besetzung achten.

Schepenese bleibt

Aus erster Hand erfuhren die Mitglieder des Katholischen Kollegiums an der Session, wie es mit der Mumie Schepenese in der Stiftsbibliothek weitergeht. Diese soll in St.Gallen bleiben. Zu diesem Schluss kommt der Administrationsrat gemäss Raphael Kühne nach intensiven Gesprächen und historischen Abklärungen. Alles dazu in einer  separaten Meldung auf unserer Website.

Text und Bilder: Roger Fuchs

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