Mit Know-how der Stiftsbibliothek Dokumente aus Gemeinden digitalisieren

Dienstag, 13. Februar 2024

Gemeindearchive sind unterschiedlich schwer zugänglich. In den nächsten Jahren sollen auf der Onlineplattform «Retrodigital» deshalb immer mehr Chroniken von St.Galler Gemeinden digital einsehbar sein. Mit vier Pilotgemeinden wurde das Ganze gestartet. Die Projektleitung obliegt Historiker Albert Holenstein von der Stiftsbibliothek St.Gallen. Er kennt die Hintergründe des Vorhabens.

Albert Holenstein Kopie

Historiker Albert Holenstein von der Stiftsbibliothek verantwortet das Projekt zur Digitalisierung von Dokumenten aus Gemeindearchiven. Bild: Roger Fuchs

Mühsame Recherchen in alten Kisten über die Geschichte einer Gemeinde sollen künftig der Vergangenheit angehören. Deshalb wird das bereits bestehende Onlineportal «www.retrodigital.sg.ch», auf dem sich amtliche Dokumente des Kantons St.Gallen finden, um Publikationen und Dokumente aus den Gemeinden erweitert.

Das neue Angebot haben der Kanton St.Gallen und die St.Galler Gemeinden geschaffen. Die Umsetzung des Projekts liegt bei der Stiftsbibliothek St.Gallen, die in einem Mandatsauftrag diese Aufgabe übernimmt. Gemäss Projektleiter und Historiker Albert Holenstein verfügt die Stiftsbibliothek über eine hohe Digitalisierungskompetenz. Unter anderem zeige sich dies bei der virtuellen Handschriftenbibliothek der Schweiz (e-codices), wo mittlerweile 855 Dokumente aus der Stiftsbibliothek hinterlegt seien.

Mit vier Gemeinden gestartet

Konkret will man auf Retrodigital gemäss Albert Holenstein neu aus allen Gemeinden Archivdokumente bis zurück um 1800 zugänglich machen. «Dabei handelt es sich in erster Linie um chronikale Dokumente», so Holenstein. «Also Dokumente, die etwas über die Geschichte einer Gemeinde aussagen oder über Ereignisse berichten.» In erster Linie dürften dies Geschäftsberichte und Mitteilungsblätter, aber auch Chroniken, Lebensbeschreibungen oder Protokolle sein. Steuerlisten, Rechnungen oder Briefe werden nicht digitalisiert.

Rapperswil-Jona, Jonschwil, Lichtensteig und Rorschach gehören zu den Pilotgemeinden, mit denen das Projekt angelaufen ist. Gemäss Albert Holenstein handelt es sich hierbei um eine Auswahl, die Gemeinden verschiedener Kantonsregionen berücksichtigt und mitunter auf persönlichen Kontakten aufbaut. «Ich bin selbst Jonschwiler, deshalb ist diese Gemeinde mit dabei», sagt Albert Holenstein schmunzelnd.

Um in möglichst absehbarer Zeit eine hohe Attraktivität der Plattform zu erzielen, sollen nun jährlich Dokumente aus 10 bis 15 Gemeinden aufgeschaltet werden. Ist die erste Etappe mit Materialien aus allen Gemeinden abgeschlossen, besteht jederzeit die Möglichkeit, die Auswahl der Dokumente zusätzlich zu verfeinern und den Zeitstrang zu erweitern. «Und wir können die Onlineplattform auch ausweiten auf Bestände aus Pfarrarchiven, Kirchgemeindearchiven oder Ortsgemeinde-Archiven», so Albert Holenstein, der damit verdeutlicht, dass es sich hier um ein weit mehr als nur fünf oder zehn Jahre dauerndes Projekt handeln dürfte.

Verfügbar für alle Interessierten

Anders als bei jahrhundertealten Dokumenten, die schonungshalber abfotografiert werden, wird man jene bis zurück ins 19. Jahrhundert aus Kostengründen scannen. Digitalisate von gedruckten Dokumenten sind im Volltext durchsuchbar und können zum Studium auch heruntergeladen werden.

Wie lohnenswert es ist, historische Dokumente aus Gemeinden zu digitalisieren, weiss der Historiker aus eigener Erfahrung. Für die Lokalforschung sei der Zugang zu kommunalen Archiven unterschiedlich. Das mache entsprechende Forschungsarbeiten zum Teil sehr schwierig. «Nach der Digitalisierung stehen die Dokumente allen Interessierten ohne Zugangsschwierigkeiten zur Verfügung», freut sich Albert Holenstein.

www.retrodigital.sg.ch

Text und Bilder: Roger Fuchs

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