Jungwacht & Blauring trotzen kirchlichen Negativschlagzeilen erfolgreich
Donnerstag, 29. Februar 2024Die Zahlen beim Jugendverband Jungwacht und Blauring sprechen eine andere Sprache als die Kirchenaustritte nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie in der Katholischen Kirche Schweiz. Bei der Jubla SG/AI/AR hat die Studie zu keinem Exodus geführt – im Gegenteil. Andere Aspekte würden demnach höher gewichtet, führt Kantonspräses Verena Kaiser von der Diözesanen Fachstelle für kirchliche Jugendarbeit (DAJU) aus. Eine Sache bereitet ihr dennoch Sorge.
Kantonspräses Verena Kaiser von der Jubla Ost zeigt sich überzeugt, dass im Jugendverband die Gemeinschaft höher gewichtet wird als die Institution, die dahintersteht. Bild: Roger Fuchs
«Nein, die Missbrauchsstudie hat bei der Jubla zu keiner Austrittswelle geführt», sagt Verena Kaiser. Als Kantonspräses von Jungwacht und Blauring SG/AI/AR unterstützt sie die Kantonsleitung und weiss, wie es um den Verband steht. Die Zahlen überraschen selbst sie. Vergleicht man jene von 2014 mit den aktuellen von 2024, so ist man von 4445 Kindern und Leitungspersonen auf 4637 gewachsen – und vom letzten zu diesem Jahr gibt es einen Zuwachs von 25 Personen. Hinzu kommen noch um die 110 Engagierte in Regionalleitungen, Kantonsleitung sowie Coaches und Kursleitende. Den Höchststand in den vergangenen zehn Jahren verzeichnete die Jubla Ost im Jahr 2020 mit 4953 Leitenden und Kindern.
Diese Fakten überraschen nicht nur im Wissen um die Missbrauchsstudie, sondern auch im Wissen um Veränderungen wie beispielsweise die Zusammenlegungen von separaten Jungwacht- und Blauring-Scharen zu vereinten Jubla-Scharen. Keine grösseren Auswirkungen auf die Gesamtzahl der Beteiligten hat auch die Tatsache, dass es seit dem Start von Verena Kaiser vor sechs Jahren als Kantonspräses zu zwei Auflösungen kam – der Schar in Gossau und jener in Bad Ragaz. Ganz aktuell steht die Jubla Engelburg vor dem Aus. «Seit Jahren wird versucht, diese Schar mit kreativen Ideen zu erhalten. Der Entscheid der Auflösung wurde nicht von heute auf morgen gefällt.» Andere Scharen hingegen haben den Turnaround geschafft. Als Beispiel erwähnt Verena Kaiser die Blauring-Gruppe im Heiligkreuz. Auch sie seien einst kurz vor dem Ende gestanden, heute habe man wieder zwanzig Kinder.
Grosse Identifikation – eigene Schutzkonzepte
Dass auch die Missbrauchsstudie an der seit Jahren konstanten Mitgliederzahl nichts geändert hat, führt Verena Kaiser auf die grosse Identifikation der Kinder und Jugendlichen mit der Jubla zurück. Demnach wird die Gemeinschaft höher gewichtet als die Institution, die dahintersteht. «Die Jubla schafft Lebensfreude und Lebensfreunde», sagt Verena Kaiser in Anlehnung an die Verbands-Grundsätze. Dabei verstehe man sich durchaus auch als Kirche. Den Glauben zu leben, sei einer ihrer Werte – einfach in einer an die Jubla angepassten Form. Überdies führt Verena Kaiser aus, dass beim Jugendverband viel in die Prävention investiert wird, um in den eigenen Kreisen Missbrauch zu verhindern. Demnach gebe es nicht nur Schutzkonzepte, sondern auch in den J&S-Kursen seien Distanz und Nähe regelmässig Thema. Verena Kaiser: «Unsere Leitenden sind sehr sensibilisiert in dieser Sache und können für die Kirche als Vorzeigebeispiel dienen.»
Eine Sorge jedoch bleibt: Es ist gemäss Verena Kaiser nur schwer vorhersehbar, inwiefern das öffentliche Bild der katholischen Kirche die Hürde verändert, um überhaupt in einen kirchlichen Jugendverband einzutreten. Den Stempel Kirche auf dem Rücken zu tragen, berge auch ein Risiko. «Es ist deshalb noch zu früh, ganz abschliessend zu beurteilen, wie sich die Missbrauchsstudie auf den Jugendverband auswirkt.»
Zukunftsstrategie gestartet
Um herauszufinden, wie sich die Jubla aufstellen muss, dass man auch noch in zehn Jahren qualitativ gute Arbeit leisten kann, wurde bei der Jubla Ost kürzlich ein Zukunftsprozess mit der Kantonsleitung und den Regionalleitungen gestartet. Auslöser ist die Tatsache, dass die vielen Aufgaben und Anforderungen die Engagierten stark auslasten. Das mache es je länger je schwieriger, junge Menschen für Leitungsfunktionen zu motivieren. «Folglich wollen wir die Strukturen im Kanton jetzt einmal analysieren und überdenken», so Verena Kaiser. Das alles geschieht mit dem Ziel, dass der Verband auch künftig allen Beteiligten Freude bereitet und die Kinder weiterhin im Mittelpunkt des Geschehens stehen.
Der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen unterstützt die Jubla SG/AI/AR seit Jahren mit einem Jahresbeitrag von 200’000 Franken.
Text und Bild: Roger Fuchs