Erstaunt und besorgt: Stellungnahme zum Kathi-Bundesgerichtsurteil

Mittwoch, 14. Mai 2025

Der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen zeigt sich gleichermassen erstaunt wie besorgt über den Entscheid des Bundesgerichts zum Kathi Wil. Das Urteil liegt nun schriftlich vor. Den vom Entscheid betroffenen Katholischen Privatschulen sichert der Administrationsrat Unterstützung bei den anstehenden Herausforderungen zu. Den seedukativen Unterricht an seiner eigenen Schule (flade) wird er einer vertieften Überprüfung unterziehen und – soweit notwendig – verfassungskonform und pädagogisch sinnvoll anpassen.

Judge Hammers Gavel

Das Bundesgericht hat am 14. Mai 2025 die schriftliche Begründung seines im Januar 2025 getroffenen Entscheides im Zusammenhang mit dem Kathi Wil betreffend religiöse Neutralität und Geschlechterdiskriminierung veröffentlicht. Der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen hat eine Grobanalyse dieses Entscheides vorgenommen und daraus erste Schlüsse gezogen.

Unterstützung der Katholischen Privatschulen

Der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen fühlt sich den verschiedenen Katholischen Privatschulen im Kanton St.Gallen, die mit öffentlichen Geldern (teil-)finanziert werden und vom bundesgerichtlichen Entscheid tangiert sind oder sein könnten, eng verbunden. Er bedauert es ausserordentlich, wenn sich bewährte und beliebte Bildungsangebote im Kanton St.Gallen aufgrund der Haltung des Bundesgerichts namhaft verändern würden. Er steht mit den betroffenen Schulen im Kontakt und wird diese im Rahmen seiner Möglichkeiten in den anstehenden Herausforderungen unterstützen.

Auswirkungen auf die flade

In Bezug auf seine eigene Schule – die flade – erachtet der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen die bundesgerichtlichen Vorgaben zur religiösen Neutralität wie bereits in einer ersten Beurteilung als unproblematisch. Die flade ist – anders als das Kathi Wil – als öffentliche Schule organisiert. Sie hat sich daher seit jeher an den geltenden verfassungsmässigen Pflichten orientiert. Die flade agiert diesbezüglich verfassungskonform und weist keinen Handlungsbedarf auf.

Dagegen verlangt die Frage der Geschlechterdiskriminierung eine differenzierte Betrachtung. Zwar ist festzustellen, dass der Zugang zur flade nicht nur einem Geschlecht, sondern allen Geschlechtern offensteht, und damit keine direkte Geschlechterdiskriminierung vorliegt. Allerdings verlangt der Hinweis des Bundesgerichts, wonach in der Schweiz der Grundsatz des gemischtgeschlechtlichen Unterrichts gilt und eine Abweichung davon nur ausnahmsweise zulässig sei, eine vertiefte Detailanalyse in Bezug auf die flade.

Bekanntermassen führt die flade neben vollständig geschlechterdurchmischten Klassen (Notkerschulhaus) auch Klassen, die überwiegend geschlechtergetrennt beschult werden (Klosterschulhaus, Gallusschulhaus). Vor diesem Hintergrund wird der Administrationsrat den Schulrat damit beauftragen, Vorschläge zu erarbeiten, wie das Unterrichtsangebot an der flade dort koedukativ ausgestaltet werden kann, wo dies nach den Erwägungen des Bundesgerichtes geboten ist. Gleichzeitig hängt der weitere Weg auch davon ab, wie die im St.Galler Kantonsrat hängige Motion, die geschlechtergetrennten Unterricht in der Kantonsverfassung verankern will, aufgenommen wird. Eingereicht wurde diese anfangs März aus den Reihen der Mitte und SVP.

Der seedukative Unterricht ist nicht allein Ursache für ihren nachhaltigen Erfolg. Eine mögliche Anpassung der Beschulungsform gefährdet die Existenz der flade folglich nicht. Dennoch würde der Administrationsrat eine weitgehende Abkehr vom Angebot geschlechtergetrennten Beschulungsformen als schmerzhaften Bruch mit einer jahrhundertealten Tradition und als Einschränkung des vielfältigen, pädagogisch sinnvollen Schulangebotes auf dem Bildungsplatz St.Gallen beurteilen und diese Entwicklung ausserordentlich bedauern.

Religionsfreiheit neu interpretiert

In einer Gesamtschau erachtet der Administrationsrat den kontroversen Mehrheitsentscheid des Bundesgerichts als besorgniserregende Neuinterpretation der Religionsfreiheit. Im Zentrum soll offenbar nicht mehr die Freiheit des einzelnen Menschen in dessen religiösen und weltanschaulichen Bekenntnis und in dessen ungestörten Religionsausübung stehen, sondern die generelle Zurückbindung alles Religiösen durch den Staat. Es ist zu befürchten, dass dadurch nicht nur das christliche Fundament unserer humanistischen Werteordnung in Vergessenheit gerät, sondern letztlich auch der Religionsfrieden durch die gesellschaftliche Ausblendung des Glaubens als menschliches Uranliegen gefährdet wird.

Auch die Ausführungen des Bundesgerichts punkto Geschlechterdiskriminierung sind für den Administrationsrat nicht nachvollziehbar. Zwar ist unumwunden einzuräumen, dass sich die Katholische Kirche mit Äusserungen im Zusammenhang mit dem berechtigten Anliegen der Gleichbehandlung der Geschlechter in Zurückhaltung üben sollte. Dass jedoch die geschlechtergetrennte Beschulung, die in nicht wenigen Einzelfällen einem individuellen Bedürfnis entspricht, von namhaften Fachleuten in pädagogischer Hinsicht als bereicherndes Angebot beurteilt wird und stets frei gewählt ist, aus grundrechtlichen Überlegungen unzulässig sein soll, erachtet der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen in einer ersten Analyse als akademisch und wenig lebensnah.

Administrationsrat des Katholischen Konfessionsteils St.Gallen

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