Seminarhaus trägt jetzt den Namen von Wiborada, der St.Galler Stadtheilgen

Dienstag, 3. Mai 2022

Das Seminarhaus in St.Georgen, in dem sich unter anderem Frauen und Männer auf den kirchlichen Dienst vorbereiten, heisst fortan «Seminar und Bildungshaus St.Wiborada». Damit rückt eine Heilige in den Fokus, die fest mit dem Quartier St.Georgen verbunden ist.

Genussvoller Apéro.

«St.Gallen hat mehr zu bieten als nur Gallus, Otmar und Notker.» Dies sagte Pascale Baer-Baldauf, Administrationsrätin des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen, am 2. Mai im Rahmen der Umbenennungsfeier des Seminarhauses in St.Georgen. Sie spielte damit auf die heilige Wiborada an, die in den letzten Jahren wieder vermehrt wahrgenommen wird und nun auch Namensgeberin des Seminarhauses ist. Auf dem Schild neben dem Haupteingang ist demnach ab sofort zu lesen: «Seminar und Bildungshaus St.Wiborada».

Das Haus an der St.Georgen-Strasse 91A steht exakt dort, wo Wiborada um das Jahr 912 ihre Klause hatte. Vier Jahre lebte sie dort, bevor sie sich bei der Kirche St.Mangen in St. Gallen als Inklusin einschliessen liess. Verschiedene andere Frauen folgten ihrem Beispiel, worauf sich mit der Zeit in St.Georgen eine Gemeinschaft von Klausnerinnen bildete, wie Regens Raffael Rieger ausführte. Auch inhaltlich sieht er Verbindungen zwischen dem heutigen Seminarhaus und Wiborada: Sie sei eine Ratgeberin gewesen und eine Frau des Gebets, sie habe die Anliegen und Sorgen der Menschen in der Liturgie vor Gott getragen und damit seelsorgerliche Aufgaben erfüllt. Von daher mache es durchaus Sinn, dass sie nun Namensgeberin für das Haus sei, in dem Personen für die Pastoral im Bistum St.Gallen ausgebildet werden. Wiborada selbst wurde 1047 als erste Frau vom damaligen Papst heiliggesprochen.

Wiborada als Vorbild für eine gleichberechtigte Kirche

Dass der Umbenennungsfeier des Seminarhauses auch rund hundert Menschen in Wanderschuhen beiwohnten, ist dem Umstand geschuldet, dass der Wiboradatag in St.Gallen seit einigen Jahren traditionell ein Pilgertag ist. Ausgelöst wurde diese Tradition durch das Projekt «Kirche mit* den Frauen». Dieses setzt sich seit 2014 dafür ein, dass Kirchenmänner nicht mehr ohne Frauen über deren Stellung, Rolle und Funktion beraten und nicht mehr ohne Frauen über die Belange der Kirche entscheiden. «Wiborada hat als mutige und entschlossene Frau in einer männerdominierten Welt ein Zeichen für das Wirken Gottes gesetzt», unterstrich Pascale Baer-Baldauf die Verbindung zur Heiligen. «Auch ich wünsche mir eine offene und gleichberechtigte Kirche.» Sodann dankte die Administrationsrätin den Anwesenden, dass sie Wiborada im Herzen tragen.

Aufgegriffen wird die Geschichte der aussergewöhnlichen Frau ebenso im neuen Buch «Wiborada von St. Gallen – Neuentdeckung einer Heiligen», das am 23. April auf den Markt kam. Es ist ein Gemeinschaftswerk von acht Autorinnen und Autoren mit Perspektiven aus der Theologie, Geschichte und Religionswissenschaft. Das Werk gibt es im Buchhandel oder direkt in der Stiftsbibliothek St.Gallen.

Die Umbenennungsfeier endete mit einem genussvollen Apéro, zubereitet vom Team rund um die Hausleiterin Ermelinda Keller. Als Überraschung wurden Wiborada-Guetzli mit dem Wiborada-Logo serviert. Ergänzend ist anzumerken, dass das Seminarhaus auch Dritten für Bildungsanlässe, Workshops und Seminare zur Verfügung steht: www.sg.kath.ch/seminar.

Text und Bilder: Roger Fuchs

Buchhinweis:
Wiborada von St. Gallen
2022, 363 Seiten
Schwabe Verlag
ISBN: 978-3-7965-4500-9

 

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