Nobelpreisträger fordert auf Privatführung den Stiftsbibliothekar heraus

Mittwoch, 30. April 2025

1991 hat er den Nobelpreis für Medizin erhalten – Ende April weilte der in Deutschland geborene und mittlerweile 82-jährige Bert Sakmann in der Stiftsbibliothek St.Gallen. Es war nicht sein erster Besuch, im Gegenteil: Sakmann zeigte sich geradezu als Fan der Stiftsbibliothek und würdigte die Arbeit des Stiftsbibliothekars Cornel Dora und seines Teams in den höchsten Tönen. Gleichzeitig stellte er während der Privatführung mit präzisen Rückfragen die Ausführungen von Dora auf den Prüfstand.

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Der Mediziner und Physiologe Bert Sakmann, Nobelpreisträger von 1991, stellt während eines Rundgangs mehrfach Rückfragen an Stiftsbibliothekar Cornel Dora. Hier sind die beiden im Gewölbekeller. Bild: Roger Fuchs

Jedes Mal, wenn es die Nobelpreisträger-Tagung zuliess, machte Bert Sakmann in den früheren Jahren einen Abstecher in die Stiftsbibliothek St.Gallen. «Ich bin ein grosser Kunde ihrer Bücher», sagte der Gast gegenüber Stiftsbibliothekar Cornel Dora, der sogleich zurückwitzelte «also ein gelehrter Mann».

Angekommen im Gewölbekeller, den Bert Sakmann trotz seiner Besuche in der Stiftsbibliothek noch nie gesehen hatte, tauchten die beiden Männer ein in die Kulturgeschichte des Mittelalters. Der Nobelpreisträger liess sich dabei nicht nur mit Ausführungen abspeisen, sondern erläuterte auch seine Sicht der Kenntnisse.

«Ich habe mich mit St.Gallen beschäftigt», so Sakmann. Demnach glaubte er zu wissen, dass mit der Wahl des Reformators Vadian zum Bürgermeister von St.Gallen der zentrale Teil der Stiftsbibliothek weggebrochen sei. Autoren wie Aristoteles seien verboten worden. «Dem war nicht so» entgegnete Cornel Dora. «Aristoteles wurde hier gelesen, sogar an der Schule.» Auch ins Althochdeutsche habe man ihn übersetzt. «Wirklich, er wurde nicht weggesteckt?», fragte Sakmann nochmals nach.

Ein Medizinbuch für den Nobelpreisträger

In diesem Stil setzte sich die Begegnung zwischen den beiden fort.  Zwei Köpfe, die sich kenntnisreich austauschten und ein Gast, der immer wieder kritisch nachhakte. Im Lesesaal der Stiftsbibliothek lag derweil ein Werk bereit, das Dora extra für Bert Sakmann herausgesucht hatte und er ihm unbedingt zeigen wollte – das medizinische Handbuch «Liber medicinalis» des römischen Gelehrten Quintus Serenus Sammonicus. In der Überlieferung dieses Werk erscheint erstmals das Wort «Abacadabra». Es war demnach ursprünglich kein Zauberspruch aus einem Märchen, sondern sollte gegen Malaria helfen, wie Cornel Dora erläuterte.

Bert Sakmann ist seit 1991 Nobelpreisträger. Ausgezeichnet wurde er zusammen mit dem deutschen Biophysiker Erwin Neher. Die beiden erhielten den Preis für Forschungsarbeiten zur Frage, wie Nervenzellen elektrische Signale transportieren.

rf

 

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