Miteinander. Vorwärts. Inspirationen für mutiges Verändern in der Kirche.
Donnerstag, 16. September 2021Von einer Erneuerung der Kirche wird viel geredet, seit geraumer Zeit. Und bald schon startet der von Papst Franziskus weltweit ausgerufene synodale Prozess. Doch wie gelingt es, wirkliche Veränderung in Gang zu setzen? An ihrem gesamtschweizerischen Vernetzungsanlass lud die RKZ 2021 ihre Gäste erstmals zum Arbeiten ein.
Von einer Erneuerung der Kirche wird viel geredet, seit geraumer Zeit. Und bald schon startet der von Papst Franziskus weltweit ausgerufene synodale Prozess. Doch wie gelingt es, wirkliche Veränderung in Gang zu setzen? An ihrem gesamtschweizerischen Vernetzungsanlass lud die RKZ 2021 ihre Gäste erstmals zum Arbeiten ein: Im Gespräch entwickelten die rund 100 Teilnehmenden Leitsätze, die mutige Schritte möglich machen. Der Grundtenor war klar: Es muss etwas geschehen. Geschehen wird es aber nur, wenn alle mitwirken, Entscheidungen getroffen und Beschlossenes umgesetzt wird.
«Die RKZ treibt die Sorge um, dass zwar viel gesprochen und getan wird – aber keine wirkliche Veränderungsenergie frei wird. Obwohl viele Menschen spüren: So kann es nicht weitergehen.» RKZ Vizepräsident Roland Loos unterstrich die Dringlichkeit der Veränderung: «Wenn wir nichts tun, geht es nicht einfach ‘weiter wie bisher’, sondern es wird gefährlich: für die Zukunftsfähigkeit der Kirche, für den Frieden, für das Klima und das Leben auf unserem Planeten.»
Am Anfang steht der Unmut
Welches sind «Kippmomente», die echte Veränderungen in Gang zu setzen vermögen? Unmut, das Bewusstsein einer Notlage! So unterschiedlich der Kontext der Referentin und des Referenten am RKZ Fokus 2021 auch war, so klar waren ihre Worte, um den Auslöser zu benennen: «Der Synodale Weg war kein freiwilliger Aufbruch, sondern eine Flucht nach vorn in grosser Not.» Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Mitgestalterin des 2019 gestarteten Prozesses schilderte eindrücklich, wie viel Druck es aus unterschiedlichen Kreisen brauchte, bis nach den erschütternden Erkenntnissen der im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erarbeiteten Studie zu den sexuellen Missbräuchen der Entscheid für einen synodalen Weg fiel.
Nicht weniger deutlich brachte Philippe Becquart, Verantwortlicher für das Departement «Erwachsene» in der katholischen Kirche im Kanton Waadt, den Auslöser für den synodalen Weg im Kanton Waadt auf den Punkt: «Die Pfarrei ist für eine Mehrheit unserer Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zu einem verlassenen, unbewohnbaren Gebiet geworden – zum territoire déserté.» Dieses Bewusstsein führte dazu, dass die Waadtländer Kirche sich auf den Weg machte.
Synodalität in all ihren Facetten
In zwei rege geführten Tischdebatten suchten die Teilnehmenden zuerst Verben, die mit der anstehenden Veränderung in Verbindung stehen. «Die Diskussion an meinem Tisch war spannend,» fasste einer der Moderatoren die Ergebnisse zusammen «weil sie die verschiedenen Dimensionen der Synodalität zu Tage förderte: den Bruch mit dem Bestehenden, die Bewegung, die Arbeit an sich selber und die Qualität in der Beziehung zu anderen.
Was braucht es, um synodal Kirche zu sein und immer mehr zu werden? Auch hier spannen die erarbeiteten Leitsätze ein weites Feld auf (siehe Kästchen weiter unten). Doch sie weisen alle in die gleiche Richtung: Es gilt, nicht länger zu zögern und sich gemeinsam aufzumachen.
Ohne Wanderkarte aber mit klarem Ziel: mutige Veränderungen
Eine wichtige Erkenntnis auf dem bisherigen Weg in Deutschland: Es braucht Entscheide, nicht immer können Lösungsansätze nochmals geprüft oder wissenschaftlich vertieft werden. «Das Ganze darf nicht zur nächsten Gesprächstherapie fürs Kirchenvolk werden. Es muss etwas rauskommen – wenn nichts passiert, ist es schlimmer als vorher.»
Noch steht ein langer Weg bevor, da waren sich die Mitwirkenden einig. Und es braucht Mut, zumal es weder Wegbeschreibungen noch Patentrezepte gibt. Kraft gibt die Botschaft Christi. So sprach RKZ Präsidentin Renata Asal-Steger wahrscheinlich vielen aus der Seele: «Die Kirche liegt mir am Herzen. Weil wir eine Botschaft haben, die den Menschen guttut. Eine Botschaft, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das spornt mich an.»
Um eine Veränderung in Gang zu setzen, braucht es nicht von Anfang an Einigkeit, wichtig ist die gemeinsame Richtung und der Wille zu handeln. Daniel Kosch knüpfte in seinem Schlusswort am Leitmotiv an, das dem RKZ Fokus 2021 zugrunde liegt: Vorwärts geht es nur miteinander. Und nur, wenn sich die Kräfte nicht im Pingpong erschöpfen – zwischen den Sprachregionen, im dualen System, zwischen oben und unten. «Wir können den synodalen Weg nicht delegieren, nicht an Rom oder die Bischöfe, nicht an die RKZ, nicht an den heiligen Geist.» Er schloss mit dem Gebet von Theresa von Avila «Gib uns ein Herz, gross um zu lieben und stark um zu kämpfen» und dem Wunsch, dass ein Kampf im Sinn konstruktiver Auseinandersetzungen und leidenschaftlichen Engagements für den gemeinsamen Aufbruch möglich werde.