Katholisches Kollegium tagt erstmals in der Kathedrale – neues Präsidium gewählt

Mittwoch, 18. November 2020

«Es war uns trotz Corona wichtig, das Katholische Kollegium physisch durchzuführen», so eröffnete Kollegiumspräsident Josef Seliner die Sitzung, die nach 207 Jahren im Kantonsratssaal erstmals in der Kathedrale abgehalten wurde.

Die Sitzung des Kath. Kollegiums fand coronabedingt in der Kathedrale statt. (Bild: Regina Kühne)

die Sitzung des Kath. Kollegiums fand coronabedingt in der Kathedrale statt (Bild: Regina Kühne)

«Es war uns trotz Corona wichtig, das Katholische Kollegium physisch durchzuführen», so eröffnete Kollegiumspräsident Josef Seliner die Sitzung, die nach 207 Jahren im Kantonsratssaal erstmals in der Kathedrale abgehalten wurde. Das Parlament der Katholikinnen und Katholiken im Kanton wählte ein neues Präsidium und verabschiedete das Budget 2021. Zu diskutieren gab der 1,5 Millionen-Beitrag aus dem Sparad-Fonds an den Neubau der Schweizergarde-Kaserne.

Besucherinnen und Besucher der stets öffentlichen Versammlung waren via Livestream dabei. Präsident Josef Seliner (Kaltbrunn) eröffnete seine letzten Amtshandlungen mit einer Ansprache, unter anderem mit Gedanken zu Corona. «Plötzlich erleben wir eine weltweite Pandemie, Weltgeschichte in der unmittelbaren Umgebung, ein kleines Virus legt ganze Wirtschaftszweige lahm, es schwächt und tötet Menschen». Schonungslos werde uns unsere Verletzlichkeit aufgezeigt. «Christliche Werte wie Nächstenliebe, Glaube, Hoffnung, Toleranz, Vertrauen und Achtung stehen gerade jetzt im Zentrum», betonte Josef Seliner. «Viele finden Rat, Trost und Zuversicht in Begegnungen mit anderen Menschen, vielfach im Gespräch mit unseren Seelsorgenden». Was vor Ort, im Bistum, geleistet werde, sei beeindruckend, für die Weltkirche sieht Josef Seliner jedoch noch einigen Handlungsbedarf.

 

Neue Präsidentin
Die Neuwahl des Präsidiums erfolgt jeweils für zwei Jahre. Auch hier fielen vor der Wahl ungewohnte Worte von Josef Seliner: «Verzichten Sie auf Umarmungen und Händeschütteln beim Gratulieren». Die Regionalgruppe Werdenberg-Sarganserland schlug die bisherige Vizepräsidentin Margrit Hunold-Schoch, Tscherlach, als neue «höchste» St.Galler Katholikin vor, sie wird vom Kollegium einstimmig gewählt. Josef Seliner räumte ihr umgehend seinen Platz und wurde mit grossem Applaus verabschiedet. Margrit Hunold dankte der Versammlung herzlich für das Vertrauen, ebenso ihrer Familie für die jahrelange Unterstützung ihrer ausserfamiliären und ausserberuflichen Tätigkeiten in der Kirche. Zum neuen Vizepräsidenten wurde Peter Burkhard aus Ebnat-Kappel gewählt. Er nahm neben Margrit Hunold Platz, die nun die Sitzungsleitung übernahm.

 

Budget mit Defizit
Das Budget 2021, vorgestellt von Jürg Gemeinder, St.Gallen, Sprecher der GPK, war der nächste Traktandenpunkt. Im Juli/August liessen die Meldungen aus dem Tessin auf eine Entspannung der Corona-Situation hoffen. Es wurde zu dieser Zeit ein Budget erstellt, das nicht mit einschneidenden Sparmassnahmen aufwartet. Die GPK unterstütze auch jetzt dieses Vorgehen, obwohl nicht abschätzbar sei, welche finanzielle Folgen Corona habe. Beispielsweise sind die Einnahmen der Stiftsbibliothek regelrecht eingebrochen. Für 2021 ist ein Defizit von rund 834’000 Franken budgetiert. Administrationsratspräsident Raphael Kühne dankte der GPK für die sorgfältige Prüfung und betonte, dass Einsparungen nur über einen Leistungsabbau möglich sind und die Finanzen noch gesund seien. Der Administrationsrat wird aufgrund der aktuellen Situation im nächsten Halbjahr über die Finanzplanung 2025 bis 2030 sprechen. In der Spezialdiskussion fragte Kollegienrätin Astrid Mätzler, Bad Ragaz, zum Kulturbereich, wer am meisten von der Stiftsbibliothek profitiere? Stadt, Kanton, St.Gallen-Bodensee Tourismus oder tatsächlich die Katholikinnen und Katholiken im Kanton, die mittlerweile einen jährlichen Beitrag von 879’000 Franken an den Museumsbetrieb leisten. Administrationsratspräsident Raphael Kühne erwiderte, dass Bund, Kanton und Stadt die Beiträge deutlich erhöht hätten. Der Verteilschlüssel werde sporadisch überprüft und verhandelt. Das Katholische Kollegium genehmigte das Budget 2021einstimmig, ebenso den gleichbleibenden Zentralsteueransatz von vier Prozent.

 

Zimmer für die Gardisten
Der letzte Punkt der November-Kollegiumssitzung gab am meisten zu diskutieren. An den Neubau der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde beantragte der Administrationsrat einen Beitrag von 1,5 Millionen Franken aus dem Sparad-Fonds an die Gesamtkosten von 55 Millionen Franken. Es werden somit keine Steuergelder eingesetzt. Felix Bischofberger, Thal, Präsident der vorberatenden Kommission, stellte den Antrag vor. Die Notwendigkeit der Baumassnahmen sei ausgewiesen, die Mängel an der Gebäudesubstanz und Aufteilung gravierend. Zudem werde die Garde auf Wunsch von Papst Franziskus von 110 auf 135 Mann aufgestockt. Ein Teil der Bausumme wird voraussichtlich vom Vatikan getragen, weitere Gelder vom Bund, den Kantonen, den Kantonalkirchen sowie privaten Sponsoren erwartet. «Die vorberatende Kommission hat einstimmig und vorbehaltlos beschlossen, dem Finanzierungsbeitrag von 1,5 Millionen Franken zuzustimmen», sagte Felix Bischofberger. Die Projektgelder werden nicht vom Vatikan verwaltet, sondern von einer Stiftung in der Schweiz, hinter der beispielsweise die ehemaligen Bundesrätinnen Ruth Metzler und Doris Leuthard stehen. Administrationsratspräsident Raphael Kühne betonte: «Es geht um die Schweizergarde, die wegen ihrer Einzigartigkeit weltweit hochgeachtet ist. Sie ist ein Leuchtturm und ein Prestigeobjekt, um das die Schweiz von vielen Ländern beneidet wird». Die Garde stehe für schweizerische Werte wie Engagement, Verlässlichkeit und Treue. Jetzt «Ja» dazu zu sagen in St.Gallen habe eine wichtige Signalwirkung in die politische Schweiz, von der ebenfalls namhafte Beiträge zu erwarten seien.

Ein Signal ist nötig
Roger Giger, Eschenbach, bekannte sich als Freund der Schweizer Garde. Dass der Vatikan sich «voraussichtlich» mit 50 Prozent an den Baukosten beteiligen werde, machte den Kollegienrat aus der Region Linth stutzig. Man solle warten, bis der Vatikan eine klare Zusage mache. Bruno Seitz, Berneck, fragte noch radikaler, ob es nicht sinnvoller sei, in Zeiten von Corona Armutsbetroffene in der Schweiz zu unterstützen statt in Rom ein Haus zu bauen. Felix Bischofberger erläuterte noch einmal, dass jetzt ein Signal nötig sei aus dem Katholischen Konfessionsteil des Kantons St.Gallen. Die Gardisten müssten endlich in geeigneten Räumen untergebracht werden können, wolle man die Strahlkraft der Garde erhalten und weiterhin genügend Gardisten rekrutieren können. Agnes Haag, Region St.Gallen, reichte einen Änderungsantrag ein. Sie befürwortete die Patenschaft für die Bibliothek, jedoch beantragte sie nur 11 statt 13 Einzelzimmer zu finanzieren und dazu ein Familienstudio, denn Familiengründungen bei den Gardisten würden auch vom Papst befürwortet. Dem Änderungsantrag von Agnes Haag wurde von der Versammlung mit grossem Mehr zugestimmt. Hingegen schenkten die Kollegienräte der Aufforderung zur Ablehnung des Beitrags kein Gehör, mit nur wenigen Gegenstimmen sagten sie nach der intensiven Diskussion und nach mehreren Verfahrensschritten «Ja» zum Beitrag an den Kasernenneubau.

 

ERG Kirche noch gefragt
In einer Interpellation stellte Karl Duijts, Sargans, die Frage, ob ERG Kirche noch gefragt sei. Ihm sei es ein Anliegen, dass Religion nicht an den Rand gedrängt und zur reinen Privatsache werde. Administrationsrat Hans Brändle erklärte den laufenden politischen Prozess beim Kanton, über den voraussichtlich am kommenden Donnerstag weiter informiert werden könne. Er hielt ein engagiertes Votum für das Fach ERG Kirchen, das heute rund 45 Prozent der Schulkinder besuchen. Die Kirchen hätten immer wieder signalisiert, dass sie zu Verhandlungen mit dem Bildungsdepartement bereit wären zur Optimierung der organisatorischen Fragen.

 

Fast pünktlich um 12 Uhr schloss Margrit Hunold die November-Session des Katholischen Kollegiums. Und auch zum Schluss gab es Corona-Verhaltensregeln zu beachten. Bankweise verliessen die Kollegiums-Mitglieder geordnet die Kathedrale, trotz des schönen Ambientes in der Hoffnung, dass die Frühjahrssitzung wieder im gewohnten Rahmen stattfinden wird, im Kantonsratssaal.

die Sitzung des Kath. Kollegiums fand coronabedingt in der Kathedrale statt
(Bild: Regina Kühne)

Die Sitzung des Kath. Kollegiums fand coronabedingt in der Kathedrale statt. (Bild: Regina Kühne)

die neu gewählte Präsidentin des Kath. Kollegiums Margrit Hunold-Schoch, Tscherlach (Bild: Regina Kühne)

die neu gewählte Präsidentin des Kath. Kollegiums Margrit Hunold-Schoch, Tscherlach (Bild: Regina Kühne)

Coronabedingt tagt das Kath. Kollegium erstmals in der Kathedrale anstatt im Kantonsratssaal (Bild: Regina Kühne)

Coronabedingt tagt das Kath. Kollegium erstmals in der Kathedrale anstatt im Kantonsratssaal (Bild: Regina Kühne)

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