Im Gänsemarsch durch die Heizgänge unter der St.Galler Kathedrale

Freitag, 20. September 2024

Nein, in der Kathedrale St.Gallen gibt es keine Heizungsradiatoren wie in einem Wohnzimmer. Stattdessen finden sich unter dem Gotteshaus Heizgänge, aus denen durch Gitter hindurch warme Luft nach oben in die Kathedrale strömt. Diese Woche hat der Leiter Hausdienst im Stiftsbezirk St.Gallen, Claude Allenspach, zusammen mit Vertretern der auf Messsysteme spezialisierten St.Galler Firma originate GmbH zu einem Rundgang durch diese Heizgänge eingeladen.

Im Gänsemarsch Durch Die Heizgänge Unter Der Kathedrale

Im Gänsemarsch geht es durch die schmalen Heizgänge unter der St.Galler Kathedrale. Bild: Roger Fuchs

Kopf einziehen und in Einerreihe aufstellen: Im Gänsemarsch geht es sodann durch die unter der Kathedrale in den 1950er bis 60er-Jahren erstellten schmalen und niedrigen Heizgänge. Entlang der Wände ziehen sich mehrere Heizleitungen, durch die heisses Wasser fliesst. Damit wird die Luft in den Heizgängen erwärmt. Mittels natürlicher Konvektion steigt die warme Luft schliesslich durch Gitter hindurch nach oben in die Kathedrale und heizt diese.

«Es war ein absolutes Wahnsinnsprojekt, als man rund 200 Jahre nach dem Bau der Kathedrale begonnen hatte, diese Heizgänge unterhalb des grossen Baus zu erstellen», sagt Simon Kogler von der Firma originate GmbH in St.Gallen. Claude Allenspach, Leiter Hausdienst im Stiftsbezirk St.Gallen, doppelt nach und hält fest, dass es wohl ein extrem aufwendiges Projekt gewesen sein muss.

Dieser Tage waren alle Interessierten eingeladen, einmal das einmalige Heizsystem der Kathedrale selbst zu begutachten. Claude Allenspach und Simon Kogler führten dabei mehrere Gruppen durch die unterirdischen Gänge. Dabei war auch zu erfahren, dass zur besseren Zirkulation der Luft einst Lüftungen installiert wurden. Dieses Projekt hatten die Zuständigen aber schnell wieder gestoppt, weil dadurch Statuen und Reliefs durch aufgewirbelten Staub verschmutzt wurden.

Mit genauen Daten neue Anlage planen

Die kombinierte Zweistoffbrenner-Anlage (Gas-Öl-Heizung) im Stiftsbezirk St.Gallen ist mittlerweile bald vierzig Jahre alt. Die auf Messungen im Bereich der Gebäudetechnik spezialisierte Firma originate GmbH führt deshalb seit einigen Wochen im Kontext der Klimawoche Messungen durch.

Die Daten helfen nicht nur, die bestehende Anlage zu optimieren und Energie zu sparen, sie werden auch bei den Planungen einer neuen Heizanlage wertvoll sein. Trotz guter Wartung kommt man früher oder später nicht um eine solche herum. Wobei die Alternativen nicht gross sind, da man sowohl mit Solarpanels auf den Dächern als auch mit Erdsonden mit der Denkmalpflege und/oder Archäologie in Konflikt geraten dürfte. Eine Schnitzelheizung wäre gemäss Claude Allenspach städtebaulich fraglich, obwohl eigene Waldungen dies ermöglichten. Bleibt schlussendlich noch der Anschluss an ein Fernwärmenetz. Dies wird in Verhandlungen mit der Stadt nun prioritär behandelt. Eine Erschliessung soll via Mossbruggstrasse erfolgen.

Erst unter, dann über dem Gitter

Mit diesen Infos geht es schliesslich weiter durch die Heizgänge und später hinauf in die 13 Grad warme Kathedrale. Simon Kogler und Claude Allenspach führen im Chorraum zu einer Stelle mit einem in den Boden eingelassenen Gitter. Waren die Anwesenden vorher unter dem Gitter im Heizgang, stehen sie nun in der Kathedrale und sehen, wo die Luft durch das Gitter ins Gotteshaus aufsteigt. «Dies einmal zu sehen, ist absolut eindrücklich», meint einer der Anwesenden und fasst damit wohl auch die staunenden Blicke der anderen zusammen.

Text und Bilder: Roger Fuchs

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