Zeitspuren: Chororgel der Kathedrale St.Gallen wird restauriert
Mittwoch, 25. September 2024Zahlreiche Furnierablösungen, Wurmlöcher und Wurmgänge sowie ein grossflächiger UV-Schaden sind der Grund dafür, dass derzeit die Rückseite der südlichen Chororgel in der Kathedrale St.Gallen restauriert wird. Eine diffizile Angelegenheit, die vom Team rund um den Restaurator Hanspeter Strang konzentriertes Arbeiten verlangt. Auch eine der Säulen auf der Rückseite der Orgel hat sich verschoben und muss wieder gerichtet werden.
Restaurator Hanspeter Strang zeigt die Stelle, an der sich eine der Säulen bei der südlichen Chororgel verschoben hat. Bild: Roger Fuchs
Sie gelten als Prunkstücke der St.Galler Kathedrale – die beiden spiegelbildlich zueinander angeordneten Chororgeln im Chorraum direkt über dem Chorgestühl. Noch bis Mitte Oktober ist die Rückseite der südlichen Chororgel eingerüstet. Ein vielfältiges Schadensbild macht eine Restauration notwendig. «Es gibt diverse, zum Teil grossflächige Furnierablösungen» sagt Restaurator Hanspeter Strang. Als Grund für diese Ablösung nennt er die Alterung. Im Lauf der Zeit würden die verschiedenen Holzschichten – zuoberst befindet sich ein Nussbaumfurnier – aufgrund von Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Wärme und Kälte unterschiedlich arbeiten, und irgendwann löse sich dann einfach auch einmal die oberste Furnierschicht ab.
Zu den weiteren Schäden bei der südlichen Chororgel gehört, dass wegen des eintretenden Sonnenlichts die Oberfläche stark ausgebleicht und der Lack spröde ist. An einigen Stellen sind zudem Wurmlöcher und aufgeschliffene Wurmgänge sichtbar. Hanspeter Strang spricht hierbei von Schäden, die bei früheren Restaurierungen entstanden sind. «Aktive Würmer befinden sich keine mehr im Holz. Es sind nur noch deren Spuren, die vorhanden sind», sagt der Restaurator. Der Grund dafür, dass es früher Würmer im Orgelgehölz hatte, hängt mit der Feuchtigkeit zusammen. Auch den Knochenleim, der ein Eiweiss enthielt, sollen sie geliebt haben. Mit den Jahren gab es aber immer weniger Nährstoffe im Holz. Und durch das Heizen ist dieses auch ausgetrocknet.
Klar definierte Arbeitsschritte
Zwei Monate hat Hanspeter Strang Zeit, um zusammen mit seinem Team die Restaurationsarbeiten im oberen Teil der 12 Meter breiten und 8 Meter hohen Chororgel-Rückseite zu erledigen. Dazu wurde ein Gerüst aufgestellt. Der untere Bereich wird dann im kommenden Jahr saniert. Die Gesamtkosten für die Restauration belaufen sich auf 85’000 Franken, Eigentümer der Kathedrale und ihrer Objekte ist der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen.
Die Arbeiten folgen einem klaren Ablauf. «Zuerst leimen wir die losen Furnierteile wieder an», so Hanspeter Strang. Dazu wird mittels eines Injektionsgeräts durch eine 0,4 Millimeter kleine Nadel erneut Knochenleim unter die losen Stellen aufgetragen. Schraubzwingen und aufgenagelte Sperrholzplättchen drücken die Furniere sodann wieder flach. Sobald der Leim trocken ist, werden die Sperrholzplättchen entfernt und mit Heisswasser die Oberfläche abgewaschen, sodass die kleinen Nagellöcher zuquellen.
Lackentfernung braucht viel Zeit
Die bei der letzten Renovation aufgeschliffenen Wurmgänge werden mit einem Kreidekitt geschlossen. Schliesslich gilt es noch die gesamte wegen des Sonnenlichts aufgebleichte Oberfläche zu erneuern. Dazu muss der bisherige Lack entfernt werden. Diese Tätigkeit muss gemäss Hanspeter Strang sehr kontrolliert und kleinflächig erfolgen, um das Holz nicht zu beschädigen. Es erfordert entsprechend Zeit. «Zum Schluss werden wir die Furnieroberfläche mit einem historischen Öllack wieder beschichten. Dies ist so mit der Denkmalpflege abgesprochen.»
Sämtliche Figuren, welche das Orgelwerk schmücken, wurden für die Restaurationsarbeiten ebenfalls heruntergenommen, um deren Oberfläche zu glätten und neu zu lackieren. Die verschobene Säule muss neu gerichtet und befestigt werden. Die Ursache für die Säulenverschiebung gilt es noch zu suchen.
Text und Bilder: Roger Fuchs