Administrationsratspräsident Raphael Kühne spricht den Bischöfen ins Gewissen

Dienstag, 19. September 2023

Im Rahmen der aktuellen Tagung der Schweizer Bischöfe in St.Gallen kam es am Montagabend zu einem Treffen mit Vertretern des Katholischen Konfessionsteils St.Gallen. Raphael Kühne, Präsident des Administrationsrats, wählte in seiner Ansprache deutliche Worte und forderte Lösungen unabhängig von der Weltkirche. Die von den Bischöfen kommunizierten Massnahmen gehen ihm zu wenig weit.

Raphael Kühne

Administrationsratspräsident Raphael Kühne fordert die Schweizer Bischöfe auf, dass sie die Stimme für die notwendigen Reformanliegen ergreifen. Bild: Roger Fuchs

Es seien epochal schwere Zeiten, welche die katholische Kirche seit der Veröffentlichung der Pilotstudie zur Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche Schweiz erlebe. Diese sagte Raphael Kühne, Präsident des Administrationsrats des Katholischen Konfessionsteils St.Gallen, am Montagabend bei einem Nachtessen mit den Bischöfen.

Gemäss Kühne genügt ein Perspektiven- und Kulturwandel nicht mehr. Stattdessen brauche es eine Beseitigung des Klerikalismus. Und wenn sich die Weltkirche nicht so schnell bewegen lasse, so sei wenigstens anzustreben, dass partikularrechtliche Lösungen für die Schweiz oder für den deutschsprachigen Raum ermöglicht werden.

Unabhängige und handlungsbefugte Medienstelle

Die vier nach Bekanntwerden der Studie vorgestellten Sofortmassnahmen – eine nationale Meldestelle, psychologische Tests, Professionalisierung des Personalwesens, keine Aktenvernichtung – gehen Raphael Kühne zu wenig weit. «Sie verändern das System nicht, weil sie nicht in die Strukturen eingreifen», sagt der Administrationsratspräsident.

Konkret fordert er eine Verknüpfung dieser Massnahmen im dualen System mit den staatskirchenrechtlichen, demokratisch organisierten und kontrollierten Strukturen und die Schaffung entsprechender Kontroll- und Sicherheitsmechanismen. Die nationale Meldestelle müsse demzufolge unabhängig und handlungsbefugt sein, und die staatskirchenrechtlichen Behörden müssten vollumfänglich in die Personalführung und -entscheidung eingebunden sein. «Damit können bereits morgen konkrete Schritte zur Stärkung der Glaubwürdigkeit gemacht werden und man braucht nicht auf Rom zu warten.»

Machtstrukturen verändern – klare Positionierung wird erwartet

Darüber hinaus sei es auch wichtig, dass grundlegende Fragen wie Pflichtzölibat und die Stellung der Frauen ohne Scheuklappen angegangen werden. Und die Machtstrukturen innerhalb der Kirche seien schnellstens zu verändern. «Es darf nicht sein, dass bei einem Bischof die Macht des Regierens, des Gesetzgebers und des Richters vereint sind und er auch noch als vorgesetzte Person die Verantwortung und die Fürsorgepflicht für seine Priester tragen muss und so immer wieder in unlösbare Konfliktfelder gerät.» Die Mehrheit der Gläubigen erwarte jetzt eine klare Positionierung der Bischöfe und dass sie die Stimme für die notwendigen Reformanliegen ergreifen würden.

Nebst diesen klaren Botschaften an die Adresse der Bischöfe, liess es sich Raphael Kühne nicht nehmen, den Anwesenden auch zu danken – einerseits dafür, dass sie die Last der Verantwortung weiterhin tragen, andererseits dafür, dass sie nicht einfach durch Rücktritt sich dieser schweren Bürde entledigen.

Text: rf

Weitere News.