Zwillinge sorgen für Augenreiben im Stiftsbezirk – und auch beim Regierungsrat

Dienstag, 16. Juli 2024

Wer im Stiftsbezirk St.Gallen doppelt sieht, muss nicht zwingend zum Augenarzt. Martin und Andreas Karrer – einer arbeitet beim Katholischen Konfessionsteil, der andere beim Kanton – sehen sich als Zwillinge so ähnlich, dass nicht einmal Regierungsvertreter die beiden Herren unterscheiden können. Lustige Begegnungen sind vorprogrammiert. Wer sind die Zwillinge und wie kommt es, dass beide nur wenige Meter auseinander arbeiten?

Von links: Andreas und Martin Karrer sorgen wegen ihrer Ähnlichkeit für Irrungen und Wirrungen und manch lustige Begegnung im Stiftsbezirk St.Gallen. Bild: Roger Fuchs

Martin und Andreas Karrer, beide 39-jährig, dunkle Brille, fröhliches Lachen, die kurzen Haare leicht nach rechts gescheitelt, verstehen sich blind. Zehn Minuten lagen sie bei der der Geburt auseinander. «Es ist ein Privileg, einen Zwillingsbruder zu haben. Der beste Kumpel wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt», sagt Andreas Karrer. «Ich weiss in Diskussionen oft genau, was mein Bruder denkt, ohne dass er etwas sagt», so Martin Karrer.

In Zuzwil aufgewachsen, arbeiten Martin und Andreas Karrer heute im Stiftsbezirk St.Gallen – Martin Karrer ist stellvertretender Verwaltungsdirektor beim Katholischen Konfessionsteil des Kantons St.Gallen, Andreas Karrer wirkt als Leiter Kantonsratsprotokoll und Stv. Leiter Gesetzessammlung beim Kanton. Häufig sind sie zu Fuss anzutreffen. «Dabei ist es tatsächlich schon passiert, dass ich Regierungsmitgliedern begegnet bin und diese mich mit einem ‹Hallo Andreas› gegrüsst haben», erzählt Martin Karrer. Er habe dann leicht zögernd mit einem «Grüezi» geantwortet. Andreas Karrer wiederum schildert, wie er schon mehrfach von Weitem angelacht wurde, wenn ihm Personen entgegenkamen, die meinten, auf Martin zu treffen. «Da muss man jeweils aufpassen, dass man den Entgegenkommenden nicht das Gefühl vermittelt, unfreundlich zu sein, obwohl man sie überhaupt nicht kennt.»

Lebensläufe, die ähnlicher kaum sein könnten

 Martin und Andreas Karrer haben sich längstens an solche Szenen gewöhnt und können darüber schmunzeln. Als Zwillinge stehen sie sich schon ein Leben lang nahe. Nach der obligatorischen Schulzeit hatten beide die KV-Lehre auf einer Gemeindeverwaltung absolviert. Beide fanden danach eine Anstellung im Toggenburg – Martin Karrer als Ratsschreiber bei der Gemeinde Hemberg, Andreas Karrer als Leiter Betreibungsamt in Ebnat-Kappel. Und ob Fügung oder Zufall, jedenfalls dauerte es im Jahr 2010 keine sechs Monate, innerhalb derer alle beide ihre Arbeitgeber wechselten. Seit März 2023 sind sie nun vereint auf dem Areal des Stiftsbezirks St.Gallen.

Auch privat ticken sie ähnlich – so ähnlich, dass sie sich bei den Kleidern von Fall zu Fall absprechen, um nicht plötzlich an einer Veranstaltung im Partnerlook aufzutauchen. «Zudem hat jeder von uns eine Frau mit langem, dunklem Haar», sagt Martin Karrer lachend. Vor wenigen Wochen ist er zum ersten Mal Vater einer Tochter geworden. Ach ja, die folgende Info erklärt sich schon fast von selbst: Andreas Karrer wird in den nächsten Tagen ebenfalls Papa, und auch bei ihm und seiner Frau wird es eine Tochter.

Neue Dimension der Irrungen

 Seit diesem Jahr haben die Verwechslungen nochmals eine neue Dimension erreicht. Andreas Karrer sitzt seit Januar auch im Katholikenparlament. Martin Karrer wirkt in seiner Funktion hier schon lange und führt die Protokolle. X-fach wurde Andreas an seiner ersten Session mit «Martin» gegrüsst, und an der vorausgegangenen Regionalversammlung wunderten sich Leute, dass plötzlich Martin anwesend ist, weil sie den gewählten Parlamentarier Andreas Karrer noch nicht kannten.

Ein besonderes Erlebnis schildern die Zwillinge ebenso aus dem Toggenburg, wo Andreas Karrer während der Coronazeit ein Mountainbike kaufte. Als gleichentags auch sein Bruder dort aufkreuzte, weil er dasselbe Bike-Modell ergattern wollte, kam der Geschäftsführer zünftig ins Schwitzen. Nach der Auflösung meinte dieser, dass er es jetzt wahrlich kurios gefunden hätte, wenn der gleiche Mann am gleichen Tag das gleiche Bike zweimal kaufe – und das in Begleitung von zwei verschiedenen Frauen.

Eine Fussballfrage schafft Klarheit

«Das Leben als Zwilling bringt durchaus amüsante Episoden mit sich», so Martin Karrer. Bleibt die Frage, wie man die beiden im Stiftsbezirk St.Gallen denn nun unterscheiden könnte. «Du bist etwas schlanker», so Martin zu seinem Bruder. «Du hast dafür die schmalere Brille», stichelt Andreas retour. Den meisten dürfte dies ebenso wenig weiterhelfen wie die Tatsache, dass Andreas Karrer rund ein Zentimeter grösser ist. Jedoch könnte man sie auf ihre Fussballmannschaft ansprechen, der sie in jungen Jahren die Daumen drückten. Martin Karrer war Fan von Servette, Andreas Karrer jubelte für Sion. Mögen diese Zeiten auch vorbeisein und sie mittlerweile für dieselben Vereine einstehen, so lässt sich mit der Fussballfrage zumindest eruieren, wer denn soeben über die Wiese im Stiftsbezirk spaziert. Einfach ausprobieren.

Text und Bilder: Roger Fuchs

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