Mondholz für den historischen Kathedral-Dachstuhl
Montag, 8. März 2021Das Forstteam des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen ist kurz nach dem Vollmond mit speziellen Holzarbeiten beschäftigt: Mondholz für die Kathedrale wird geschlagen.
Das Forstteam des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen ist kurz nach dem Vollmond mit speziellen Holzarbeiten beschäftigt: Mondholz für die Kathedrale wird geschlagen. Der Einfluss des Mondes hat positive Auswirkungen auf die Feuchtigkeit und gegen Insektenbefall, es ist stabiler, haltbarer, härter und widerstandsfähiger gegen Schädlinge
Im Buechenholz, Gossau, kreischen Motorsägen, Cedric Koller, Auszubildender im Forstbetrieb des Katholischen Konfessionsteils, definiert die Falllinie für den nächsten Baum. Es ist eine über einhundertjährige Weisstanne, die in steilem Gelände gewachsen ist. Ein Hydraulikkeil, eingefügt in den Fällschnitt, kommt nun zum Einsatz, langsam neigt sich der Baum hangaufwärts und fällt passgenau zwischen anderen Bäumen zu Boden. «Das Gelände ist herausfordernd, wir sind jedoch immer sehr vorsichtig», sagt Förster Patrik Schilling. Es sei Standard, dass auch Auszubildende, selbstverständlich gut angeleitet und beaufsichtigt, alle Arbeiten machen. «Nur so können sie Erfahrungen sammeln», betont Förster und Geschäftsführer des Forstbetriebs des Katholischen Konfessionsteils Patrik Schilling. Er hatte zuvor definiert, welche Bäume geschlagen werden.
Acht Weisstannen
Patrik Schilling ist zufrieden mit dem Gang der Arbeiten. Rund 26 Kubikmeter Holz werden gewonnen, es sind acht Weisstannen, jeweils um die 100 Jahre alt. Ein Kubikmeter Tanne trocken wiegt zwischen 500 und 600 Kilogramm. Aus den Stämmen werden neue Dielenböden für den Dachstuhl der St.Galler Kathedrale. Man vermutet, dass die vielen Kubikmeter Holz, die das Dach der ehemaligen Klosterkirche tragen, zumindest teilweise ebenfalls als Mondholz geschlagen wurden.
Der Förster spricht von weiteren Faktoren, die das Holz aus dem Tobel im Buechenholz so wertvoll machen: die Jahreszeit passt, im Winter ist das Holz in Saftruhe, der Fälltermin in der Woche nach dem Vollmond macht es noch einmal um rund zehn Prozent trockener. Zudem ist am Standort der Boden sehr ruhig, sprich die Bäume rutschen praktisch gar nicht hangabwärts, obwohl der Boden lehmig ist. Und es gibt kaum Wind, der das Wachstum der Bäume beeinflusst.
In die Sägerei
Unterdessen ist die gefällte Weisstanne entastet und der Stamm in Stücke zerteilt. Ruedi Schläpfer, ausgebildeter Forstwart, hat flink ganze Arbeit geleistet. Für das Wegräumen der Bäume ist für diesen Morgen ein Fahrzeug gemietet, das von Hugo Walser sicher über die schmale Forststrasse gesteuert wird. Stück um Stück wird gestapelt für den baldigen Weitertransport in die Sägerei des Klosters Magdenau, wo es in 33 Millimeter dicke und rund 27 Zentimeter breite Bretter gesägt und in einem speziellen Ofen noch einmal rund fünf Tage getrocknet wird. So sind beste Voraussetzungen geschaffen, dass für sehr viele Jahre keine Risse im Holz entstehen und kein Insektenbefall droht. Letzteres wäre im historischen Dachstuhl des Barocken Gotteshauses mit unzähligen Kubikmetern trockenem Holz eine kleine Katastrophe.
Kaum graue Energie
Die Bauarbeiten im Dachstuhl der Kathedrale sind nötig. Neben den Stegen als Wege durch den Dachstuhl sind auf den Balkenlagen durch verschiedene Geschosse unzählige Dielenbretter verlegt, die als Zugang für Reinigungsarbeiten sowie für den Dachservice dienen. Diese Bretter sind zu dünn und zudem in die Jahre gekommen, die Arbeitssicherheit ist gefährdet. Darum werden diese sogenannten Nebenwege mit neuen Dielenbrettern ausgelegt und erhalten zumindest einseitig ein Geländer. Die alten Bretter sollen möglichst wiederverwertet werden.
Patrik Schilling betont den ökologischen Aspekt des Baustoffes Holz aus der Region: Das Co2 in den Bäumen bleibt über Jahrhunderte gebunden, es ist Holz aus dem eigenen Wald, nur kurz transportiert von Gossau nach Magdenau und dann direkt nach St.Gallen. «In diesem Baustoff ist also kaum graue Energie», betont auch Pirmin Koster, zuständig für den Gebäudeunterhalt des Katholischen Konfessionsteils. Er hatte ursprünglich die Idee, Mondholz zu schlagen und beobachtet an diesem Morgen zusammen mit einer Gruppe Interessierter die Arbeiten im «eigenen» Wald.
Keine Wegwerfware
Das er und sein Team an einem so nachhaltigen Projekt mitarbeiten dürfen, freut das Team um Förster Patrik Schilling sehr. Es zeugt von grosser Wertschätzung für die 100 Jahre lang gewachsenen Bäume. «Auch wenn sie für diesen Zweck gefällt werden mussten, sie sind keine Wegwerfware», sagt Patrik Schilling.