Die spirituelle Dimension ist im Gesundheitswesen gefragt

Dienstag, 23. April 2019

An ihrer Plenarversammlung vom 16./17. März 2018 legte die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz RKZ einen Schwerpunkt auf die Spitalseelsorge im Kontext komplexer Entwicklungen im Gesundheitswesen. «In einer Zeit, in der die Medizin den Wert von Religion und Spiritualität neu entdeckt, sind die Kirchen gefordert, Spitalseelsorgende auszubilden, die ihre Aufgabe in einem interprofessionellen Arbeitsfeld kompetent wahrnehmen», hielt die Intensivmedizinerin Marie-Denise Schaller fest. Und Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care meinte, «nicht nur Volltheologen, sondern auch Menschen aus Pflegeberufen mit einer verkürzten theologischen Ausbildung könnten Menschen, die Trost und Beistand suchen, als offizielle Beauftragte der Kirche zur Seite stehen».

Kranken und leidenden Menschen beizustehen ist ein Grundauftrag der Kirchen. Und im Zusammenhang mit der Bedeutung von Religion und Kirchen für die Gesellschaft wird die Spitalseelsorge oft als Erstes genannt. Zugleich steht sie vor grossen Herausforderungen: Längst haben die Kirchen kein Monopol mehr für Spiritualität. Die Religionslandschaft ist vielfältiger geworden und auch Pflegefachleute oder psychologisch geschulte Menschen verstehen sich als Fachleute für «Spiritual Care». Zudem stellt das stark professionalisierte Gesundheitswesen hohe Anforderungen an die Seelsorgenden, ihr Rollenprofil, ihre Aus- und Weiterbildung.

Spiritualität gewinnt im Gesundheitswesen an Bedeutung
Marie-Denise Schaller, bis vor kurzem Chefärztin für Intensivmedizin am Universitätsspital Lausanne, und Simon Peng-Keller, Theologe und Professor für Spiritual Care an der Universität Zürich brachten das Fachwissen zum Schwerpunktthema der Frühjahresversammlung der RKZ ein. Übereinstimmend hielten sie fest, dass die Anforderungen an die Spitalseelsorge steigen. Sie betonten aber auch, dass diese Entwicklungen für die Kirchen eine Chance sind: Das Interesse für Religion und Spiritualität ist im Gesundheitswesen hoch – anders als noch vor einigen Jahrzehnten. Auch medizinische Forschung belegt, dass eine gesunde Religiosität und eine tragende Spiritualität Heilungsprozesse unterstützen und dazu beitragen, mit Einschränkungen, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Endlichkeit des Lebens besser umzugehen.

Der gesellschaftlich und medizinisch anerkannte Bedarf nach «Spiritual Care» bietet den Kirchen die Chance, sich in neuer Weise einzubringen. «Aber um sich in hochspezialisierte und säkular geprägte Institutionen einbringen zu können, braucht es ein hohes Mass an Professionalisierung», so Simon Peng. Es bedarf verstärkter Bemühungen in der Rekrutierung sowie der Aus- und Weiterbildung von Seelsorgenden, damit die Kirchen aus diesem wichtigen Wirkungsfeld nicht verdrängt werden.

Knappe Finanzen: gefordert ist umbauen, nicht ausbauen
Viele Herausforderungen (wie jene der starken Präsenz im Gesundheitswesen) lassen sich zweifellos nur gemeinsam bewältigen. Trotzdem wurde im Rahmen der Beratungen deutlich: Nach Jahren mit regelmässigen Beitragserhöhungen um 3% erwarten viele kantonalkirchliche Organisationen von der RKZ Zurückhaltung bezüglich weiterer Erhöhungen. Auch von den pastoral Verantwortlichen wird nachdrücklich gewünscht, sich an der Maxime «umbauen statt ausbauen» zu orientieren.

Mehrere, vor allem kleinere und finanzschwächere kantonalkirchliche Organisationen haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre eigenen Aufgaben zu finanzieren. Und manche finanzstarke Kantone befürchten, dass die Reform der Unternehmessteuer zu Mindereinnahmen führt. Hinzu kommt, dass die Jahresrechnung der RKZ 2017 zwar mit einem Überschuss von rund CHF 240‘000 abschliesst, aber erstmals Minderleistungen von über einer Million Franken ausweist. Die Solidarität zwischen den RKZ-Mitgliedern wird also prekärer und es ist möglichst zu vermeiden, dass die Zahl jener zunimmt, die nicht den vollen Beitrag bezahlen.

Fragen der gerechten Lastenverteilung und der Entwicklungen im Bereich der Kirchenfinanzierung werden ein sensibles Thema bleiben. Deshalb wurde der Vorschlag positiv aufgenommen, den Beitragsschlüssel auf Verbesserungsmöglichkeiten hin zu überprüfen und mit externer Hilfe ein Finanzmonitoring zu erarbeiten, das – ohne übermässigen Aufwand – vergleichbare Zahlen zu Entwicklungen der Kirchenfinanzen bereitstellt.

Papst Franziskus ermutigt zum offenen Wort und zum guten Zuhören
Einmal mehr kam Papst Franziskus zur Sprache. Einleitend bezeichnete RKZ-Präsident Luc Humbel dessen Forderung, «offen zu sprechen, ohne Furcht alles zu sagen und offenen Herzens zuzuhören» als «Steilpass» für die Beratungen der Zentralkonferenz im Geist der vom Papst geförderten Synodalität. Und am Ende der Versammlung standen erste Informationen zu dessen Besuch in Genf. Obwohl über diesen Besuch noch wenig bekannt ist, wurden dessen ökumenische Ausrichtung und die Aussicht auf einen Gottesdienst mit der Kirche vor Ort erfreut zur Kenntnis genommen.

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